Formgebendes Zwiegespräch
We-Art-Künstler im Porträt: Gabriele von Lutzau gestaltet mit der
Kettensäge filigrane Holzskulpturen. Einige Berühmtheit hat die Linde am Töpfermarkt schon erlangt ( indem sie vor einigen Monaten einfach umstürzte. Nun steht dem morschen Baum eine zweite Karriere bevor, denn Gabriele von Lutzau gestaltet aus ihm eine Skulptur im Rahmen des Kunstprojekts We Art im Haus Rosental.
von Britt MANDLER
BAD LANGENSALZA.
Ein Stumpf, an den sich eine lange Wurzel anschließt ( das ist alles,
was nach einigen Monaten der Zwischenlagerung von der stattlichen
Töpfermarkt-Linde übrig geblieben ist. Sie war ( selbst für Experten
völlig überraschend ( im vergangenen Jahr einfach umgefallen. Nun haucht die Bildhauerin Gabriele von Lutzau dem toten Holz neues Leben ein.
Wenn sie arbeitet, schauen die Menschen meist genau hin.
Denn die Odenwälderin geht nicht mit Hammer und Meißel ans Werk, sondern mit der Motorkettensäge.
Ganz geheuer sei ihr das anfangs auch nicht gewesen, räumt Gabriele von Lutzau ein. Als sie ihre Ausbildung zur Bildhauerin durchlief, nahm sie die Säge nur in die Hand, um passende Stücke für ihre Skulpturen zurechtzuschneiden.
Manchmal ging das dem Professor zu langsam, so dass er ihr die Arbeit abnahm.
Doch dann griff das Schicksal ein: Die Künstlerin konnte nach einem Autounfall ihr Handgelenk nicht mehr so belasten wie zuvor. Ob sie wollte oder nicht: Sie war auf die Kettensäge angewiesen.
Und das spornte sie an, sagt die Hessin lachend. Geht nicht kommt in ihrem Wortschatz schließlich nicht vor. Es habe zwar einige Zeit gedauert, den Umgang mit der Säge richtig zu lernen, aber dann wurde ich richtig gut, befindet sie lachend.
Auch Kunstinteressierte sahen das so.
Ihre Skulpturen zieren viele Eingangsbereiche großer Institutionen, aber auch bei privaten Sammlern sind die Lutzau-Werke sehr gefragt.
Wer gut im Geschäft ist, wird immer wieder gebeten, junge Künstler in Augenschein zu nehmen.
So geht es auch Gabriele von Lutzau. Meist lehnt sie ab, manchmal siegt aber auch die Neugier.
So etwa im Fall von Maren Krings, der Organisatorin des Kunstprojektes We Art im Haus Rosental.
Der Landrat des Odenwaldkreises bat Gabriele von Lutzau zur Mordançage-Ausstellung der Wahl-Langensalzaerin.
Und diese war beeindruckt. Schnell wurde ein Kontakt hergestellt, eine gemeinsame Ausstellung in Frankfurt am Main folgte. Als dann die Einladung ins Haus Rosental kam, sagte Gabriele von Lutzau natürlich zu ( obwohl sie nicht die kompletten vier Wochen in der Kurstadt verbringen konnte.
Die Künstlerin ist allerdings eine lebenslustige Frohnatur, die sich gut in Gruppen einfügen und darüber hinaus auch schnell arbeiten kann.
Die Kettensägen hatte sie im Gepäck, die Reste der Linde waren bereits geliefert. Der knappe Zeitplan geriet dadurch nicht ins Wanken.
Die Skulptur wird in einer der Bohlenstuben, unter dem Deckenbild des Vogels, den im Rosental alle scherzhaft nur den Broiler nennen, ihren Platz finden.
Die Wurzel schwebt im Raum, vermittelt den Eindruck, als bäume sie sich auf, wölbe sich dem Vogel an der Decke entgegen.
Mit ihrer Säge verhilft die Künstlerin dem Totholz zu neuer Gestalt, ohne die ursprüngliche Form zu vergewaltigen. Bestimmte Strukturen werden durch gezielte Sägenstriche verstärkt. Andere, überladen wirkende Windungen müssen weichen. Reduktion auf das Wesentliche nennt Gabriele von Lutzau dieses Vorgehen. Komplett durchgeplant seien ihre Werke in der Regel aber nicht, sagt die Bildhauerin. Natürlich habe sie eine bestimmte Idee im Kopf.
Holz zu bearbeiten sei aber etwas sehr Emotionales.
Das Material spreche sozusagen mit ihr ( und aus dieser Zwiesprache entstehen Strukturen, Formen, die eine eigene Aussage haben. Das erkennen Menschen, die ihr beim Arbeiten zuschauen.
Auch wenn es bereits Kritiker gab, die angesichts der recht leise laufenden Kettensäge um ihre Ruhe im Umfeld des Hauses Rosental fürchteten.
Bildunterschrift:
Einsatz: Mit der Kettensäge arbeitet die Künstlerin feine Strukturen aus dem Holz heraus.
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